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Abstract

Beschäftigte werden die Auswirkungen des Klimawandels in vielerlei Hinsicht spüren: Arbeitsplatzunsicherheit, Veränderungen ihrer beruflichen Aufgaben und Zuständigkeiten sowie Veränderungen an ihren Arbeitsplätzen, was möglicherweise zu anderen Arbeitspraktiken und die Entwicklung neuer Tätigkeiten und Produkte führen kann. Die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken gehen mit einer erhöhten Exposition gegenüber Gefahren einher, was zu niedrigeren Standards bei der Arbeitsplatzqualität, einem Produktivitätsverlust und einer höheren Arbeitsplatz- und Beschäftigungsunsicherheit führt. Fast die Hälfte der Beschäftigten in der EU wird im Zuge der Anpassung der Volkswirtschaften an den Klimawandel und der Umsetzung von Strategien zur Eindämmung des Klimawandels tiefgreifende Veränderungen bei ihren Arbeitsaufgaben erfahren. Darüber hinaus wird sich die Arbeit aufgrund der Reaktionen der Unternehmen auf den Klimawandel wahrscheinlich ändern. Diese Veränderungen bei der Arbeit erhöhen zwar die Gefährdung mancher Beschäftigter, bieten aber auch Möglichkeiten, bestimmte Dimensionen der Arbeitsplatzqualität zu verbessern. Dieser Bericht skizziert die komplexe Beziehung zwischen Arbeitsplatzqualität und Klimawandel, einschließlich der Auswirkungen von ökologischen Aufgaben in ausgewählten Branchen.

Key messages

Die direkten Auswirkungen des Klimawandels auf die Arbeitsplatzqualität gehen über die Wärmeexposition hinaus und umfassen auch psychosoziale Risiken, erhöhte Luftverschmutzung, UV-Strahlung und extreme Wetterereignisse. Besonders gefährdet sind Beschäftigte in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Baugewerbe, Tourismus und Rettungsdienste/Katastrophenschutz.
 

40 % der Beschäftigten in der EU werden direkt vom ökologischen Wandel betroffen sein. Die Arbeitsplatzqualität ist in den grünen Berufen unterschiedlich, dabei werden einige Arbeitsplätze als belastend beschrieben, d. h., die negativen Aspekte des Arbeitsplatzes überwiegen die positiven. Den Auswirkungen des ökologischen Wandels auf die Arbeitsplatzqualität sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, während politische Maßnahmen darauf abzielen sollten, die Arbeitsplatzqualität zu verbessern.
 

In den Branchen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, sind vor allem Männer beschäftigt, und sie zeichnen sich durch eine hohe Zahl von Saison-, Wander- und selbstständigen Arbeitskräften aus, die in der Regel keinen rechtlichen Schutz genießen und häufig in geringerem Maße gewerkschaftlich organisiert sind oder von Interessenvertretung in den Betrieben profitieren. 
 

Branchenspezifische Ansätze zur Überwachung und Verbesserung der Arbeitsplatzqualität sind von zentraler Bedeutung, da die Branchen vielfältigen direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind. Beschäftigte in den am stärksten betroffenen Branchen sollten bei der Weiterentwicklung von Kompetenzen und beim Arbeitsplatzwechsel vorrangig unterstützt werden. Eine eingehendere Analyse der Auswirkungen auf andere Branchen ist erforderlich. Einzelne Unternehmen und Praktiken können bei der Anpassung an den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Arbeitsplatzqualität einiges bewirken.
 

Um die Risiken für Beschäftigte zu verringern, brauchen wir mehr Wissen und innovative Lösungen. Die Forschung zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Beschäftigte und Arbeitsplätze ist nach wie vor lückenhaft. Da der Klimawandel ein dynamischer Prozess ist, muss die Qualität der ökologischen Arbeitsplätze wie auch derjenigen, die den Risiken des Klimawandels am stärksten ausgesetzt sind, überwacht werden.

Executive summary

Der Klimawandel wird nicht nur tiefgreifende Auswirkungen auf die Lebensbedingungen, sondern auch auf die europäischen Arbeitsmärkte, die Arbeitsbedingungen und die Qualität der Arbeitsplätze haben. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf das Arbeitsleben zu verstehen, ist es wichtig, zwischen den direkten Auswirkungen des Klimawandels selbst und den Auswirkungen der Klimaschutzpolitik zu unterscheiden.
 

Dieser Bericht soll einen Beitrag zur Diskussion leisten, indem er die Forschung und die Debatte auf nationaler Ebene über die Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltschädigung auf die Arbeitsplatzqualität untersucht, insbesondere in Berufen, die wahrscheinlich vom ökologischen Umbau betroffen sind.
 

Politische Rahmenbedingungen

Die politischen Strategien der EU zum Klimawandel sind nicht neu, aber die politischen Bestrebungen und die Klimaschutzpolitik zur Verringerung der Treibhausgasemissionen wurden erheblich verstärkt und werden mit finanziellen Investitionen zur Unterstützung eines ökologischen Wandels und einer ökologischen Wachstumsstrategie kombiniert. Die Europäische Union hat sich im Rahmen des 2019 verabschiedeten europäischen Grünen Deals zu einer Reihe von Zielen und entsprechenden politischen Maßnahmen verpflichtet. Diese zielen darauf ab, die EU auf der Grundlage des verbindlichen Ziels, bis 2050 Kohlenstoffneutralität zu erreichen, in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft umzugestalten. Als Zwischenschritt hat die EU ihr Klimaziel für 2030 angehoben und sich im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken. Um die Rechtsvorschriften an diese Bestrebungen anzupassen, trat im Juli 2021 ein neues europäisches Klimagesetz in Kraft. Darin werden die Ziele der Emissionsreduzierung für Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine und mittlere Unternehmen verschärft und unter anderem die Umstrukturierung der Automobilindustrie und des Energiesektors gefordert, um die Klimaziele zu erreichen. Der europäische Grüne Deal wird ein Drittel der 1,8 Bio. EUR an Investitionen aus dem Konjunkturpaket NextGenerationEU absorbieren.
 

Zur Unterstützung des Ziels des europäischen Grünen Deals, dafür zu sorgen, dass niemand zurückgelassen wird, führte die Europäische Kommission 2020 den Mechanismus für einen gerechten Übergang ein. Ziel ist es, die am stärksten vom Übergang zur Klimaneutralität betroffenen Regionen und Menschen zu unterstützen, indem zwischen 2021 und 2027 finanzielle Unterstützung in Höhe von 19,2 Mrd. EUR für politische Interventionen zur Förderung der Beschäftigung und der Diversifizierung der lokalen Wirtschaft bereitgestellt wird. Die Europäische Kommission hat die Bedeutung des sozialen Dialogs bei der Konzipierung und Umsetzung dieser Maßnahmen hervorgehoben.
 

Angesichts der enormen Auswirkungen des Klimawandels und der Klimapolitik auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt werden diesbezügliche Erwägungen zunehmend in andere Politikbereiche der EU einbezogen, wie Industriepolitik, Forschungsrahmen, Bildungs- und Qualifizierungsstrategien und auch die europäische Säule sozialer Rechte, die eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Übergangs durch Bildung, Beschäftigung und ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld spielt.
 

Wichtigste Erkenntnisse

  • Die Auswirkungen des Klimawandels, wie steigende Temperaturen, erhöhte Luftverschmutzung und häufigere extreme Wetterereignisse, haben nachweislich negative Auswirkungen auf die Arbeitsplatzqualität und die Produktivität der Beschäftigten. Sie machen die Arbeit beschwerlicher. Besonders gefährdet sind Beschäftigte, die viel Zeit im Freien verbringen (z. B. in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Gartenbau, Baugewerbe und Tourismus), und Personen, die mit Wärme erzeugenden Maschinen arbeiten. Auch die Beschäftigten in den Rettungsdiensten sind unmittelbar von widrigen Wetterereignissen wie Waldbränden und Überschwemmungen betroffen.
     
  • In diesen Branchen sind vor allem Männer beschäftigt, und sie zeichnen sich durch eine hohe Zahl von Saison-, Wander- und selbstständigen Arbeitskräften aus, die in der Regel keinen rechtlichen Schutz genießen und häufig in geringerem Maße gewerkschaftlich organisiert sind oder von Interessenvertretung in den Betrieben profitieren.
     
  • Viele dieser Branchen sind außerdem mit Veränderungen konfrontiert, weil Arbeitsmethoden angepasst werden müssen, was die Arbeitsplatzsicherheit beeinträchtigen und eine Schulung oder Umschulung oder einen Arbeitsplatzwechsel erforderlich machen kann.
     
  • Klimaschutzmaßnahmen (und insbesondere Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels) sollen Veränderungen in den Branchen und Berufen unterstützen, insbesondere in denjenigen Branchen, die am stärksten zu den Treibhausgasemissionen beitragen. Die Analyse der Daten der telefonischen europäischen Erhebung über die Arbeitsbedingungen bestätigt, dass ein hoher Anteil der Beschäftigten in diesen Wirtschaftszweigen in Berufen tätig ist, die wahrscheinlich vom ökologischen Wandel betroffen sind. Insgesamt sind 40 % der Beschäftigten in der EU in Berufen tätig, die unmittelbar vom ökologischen Wandel betroffen sein werden.
     
  • Was die Arbeitsplatzqualität betrifft, so haben Arbeitsplätze mit einer wahrscheinlich höheren Nachfrage (Ackerbauern, Zimmerleute und Arbeitskräfte im Bereich Isolierung) in der Regel höhere Arbeitsanforderungen (z. B. physische Risiken und physische Anforderungen), während es an Arbeitsplatzressourcen (z. B. soziale Unterstützung, Autonomie und Zugang zu Ausbildung) mangelt. Bei neuen und aufstrebenden Berufen (z. B. Einkäufer, Manager für Politikplanung und Abwasseringenieure) zeigt sich das positivste Verhältnis zwischen Anforderungen und Ressourcen, und Berufe mit höheren Qualifikationen (Produktionsleiter im Baugewerbe, Meteorologen und Elektrotechniker) entsprechen eher der durchschnittlichen Arbeitsplatzqualität in Europa.
     
  • Die Bilanz des beruflichen Wandels, der zu neuen Berufsprofilen, größerer Nachfrage oder neuen Qualifikationsanforderungen führt, ist in den einzelnen Branchen unterschiedlich. Die Auswirkungen auf die Qualität der Arbeitsplätze werden nicht nur durch das genaue Aufgabenprofil der einzelnen Arbeitsplätze (einschließlich der Exposition gegenüber klimawandelbedingten Risiken) und die Praktiken am Arbeitsplatz bestimmt, sondern auch durch die Maßnahmen, die zur Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden, und die Art und Weise, wie der ökologische Wandel auf allen Ebenen umgesetzt wird.
     
  • Während „grüne“ Berufe die Bemühungen um lebenslanges Lernen verkörpern, die den Übergang unterstützen werden, werden Unternehmen auch mit Maßnahmen und Praktiken am Arbeitsplatz aktiv, die die Dekarbonisierung unterstützen. Die Einbeziehung der Beschäftigten in die Entwicklung und Umsetzung dieser Praktiken kann die Arbeitsplatzqualität verbessern.
     

Empfehlungen für die Politik

  • Die Forschung zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Beschäftigte und Arbeitsplätze ist nach wie vor lückenhaft. Es sind mehr Kenntnisse und Lösungen erforderlich, um die Risiken für die Beschäftigten zu verringern.
     
  • In der EU gibt es keine gleichen Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf den Schutz der Beschäftigten vor Risiken, die direkt mit dem Klimawandel verbunden sind. Die Bestimmungen auf nationaler Ebene bezüglich Arbeit bei Hitze unterscheiden sich erheblich.
     
  • Die Dekarbonisierungsprozesse wirken sich auf viele Branchen aus und gehen weit über die Energieerzeugungsbranche und die Schwerindustrie hinaus. Beschäftigte in den am stärksten betroffenen Branchen sollten bei der Weiterentwicklung von Kompetenzen und beim Arbeitsplatzwechsel vorrangig unterstützt werden. Darüber hinaus ist eine eingehendere Analyse der Auswirkungen auf andere Branchen sowie die Bereitstellung von Unterstützung für diese Unternehmen und ihre Beschäftigten erforderlich.
     
  • Den Auswirkungen des ökologischen Wandels auf die Arbeitsplatzqualität sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, und es ist eine systematischere Forschung erforderlich. Die Qualität von ökologischen Arbeitsplätzen und von Arbeitsplätzen, die den Risiken des Klimawandels am stärksten ausgesetzt sind (wobei es sich häufig um die gleichen Arbeitsplätze handelt), muss überwacht werden, da der Klimawandel ein dynamischer Prozess ist. Politische Maßnahmen sollten darauf abzielen, die Qualität der Arbeitsplätze zu verbessern.
     
  • Die Entwicklung von Industriestrategien und damit zusammenhängenden Prognosen des Kompetenzbedarfs sowie die Konzipierung einschlägiger Schulungen, die gemeinsam mit den Sozialpartnern entwickelt werden, werden von entscheidender Bedeutung sein, insbesondere wenn verhindert werden soll, dass Qualifikations- und Arbeitskräftemangel die Fortschritte bei der Dekarbonisierung begrenzen.

The report contains the following lists of tables and figures.

List of tables

  • Table 1: Dimensions of job quality and corresponding job demands and resources
  • Table 2: Impact of the greening of the economy on occupational groups
  • Table 3: Job demands of greening occupational groups compared with the EU workforce average
  • Table 4: Job resources of greening occupational groups compared with the EU workforce average
  • Table 5: Categories of green workplace behaviours

List of figures

  • Figure 1: Trends in annual temperature across Europe, 1990–2019
  • Figure 2: Projected changes by 2050 in the frequency of adverse weather events relevant for transport across Europe
  • Figure 3: Cumulative GHG emissions and employment by economic sector of activity, EU27, 2022 (%)
  • Figure 4: Job quality index, by greening occupational group, EU27 (%)
  • Figure 5: Shares of electricity, gas, steam and air conditioning supply in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 6: Job quality (left) and job demands (right) – Electricity, gas, steam and air-conditioning supply versus EU27 average (%)
  • Figure 7: Shares of workers in the manufacturing of food and beverages and motor vehicle manufacturing sectors in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 8: Job quality (left) and job demands (right) – Food and beverages and motor vehicle manufacturing sector versus EU27 average (%)
  • Figure 9: Shares of agricultural workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 10: Job quality (left) and job demands (right) – Agriculture sector versus EU27 average (%)
  • Figure 11: Shares of transport workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 12: Job quality (left) and job demands (right) – Transport sector versus EU27 average (%)
  • Figure 13: Shares of water supply and waste management workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 14: Job quality (left) and job demands (right) – Water supply and waste treatment versus EU27 average (%)
  • Figure 15: Shares of construction workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 16: Job quality (left) and job demands (right) – Construction versus EU27 average (%)
  • Figure 17: Shares of hospital and care workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 18: Job quality (left) and job demands (right) – Hospital sector versus EU27 average (%)
  • Figure 19: Shares of Horeca workers in occupations likely to be impacted by greening (%)
  • Figure 20: Job quality (left) and job demands (right) – Horeca versus EU27 average (%)
Number of pages
62
Reference nº
EF23032
ISBN
978-92-897-2407-4
Catalogue nº
TJ-09-24-361-EN-N
DOI
10.2806/693002
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